Preisträger 2012 Foto – Fotostipendium

Kategorie Foto

Andreas Meichsner

Auf Herz und Nieren


Kategorie Fotostipendium

Das acatech Fotostipendium 2012 geht an:

Valeria Brekenkamp

Unter dem Titel „LÖSUNGEN – Frauen in Ingenieursberufen“ begleitete die Fotografin sieben Ingenieurinnen mit der Kamera.

LÖSUNGEN – Frauen in Ingenieursberufen

„Ich traute mich nicht, als einziges Mädchen die Revolution zu wagen. Dafür schlich ich mich heimlich zu den Technikräumen und lötete für Freunde die Leiterplatten zusammen“, erzählt die 40-jährige Susanne Lambert mit verschmitzter Miene, als sie mit Katze „Turbo“ auf dem Schoß vor ihrem Bauwagen sitzt. Schon als Kind wollte sie leben wie Peter Lustig. In ihrer Freizeit liebt sie es, an Dingen zu tüfteln, und so findet man sie häufig unter ihrer Ente liegend. Wie ihr Vorbild aus Kindertagen ist auch sie studierte Elektrotechnikerin und arbeitet wie Peter Lustig beim Fernsehen.

Susanne Lambert ist eine von sieben Ingenieurinnen, die die Berliner Fotografin Valeria Brekenkamp in ihrem privaten und beruflichen Umfeld für mehrere Monate begleitete. Wie schon in ihrer Arbeit KISSING THE KING setzt sich die Fotografin mit Genderfragen und Rollenbildern auseinander und verbindet mit ihrem fotografischen Arbeiten den starken Wunsch etwas dazu beizutragen, klassische Rollenbilder aufzubrechen.

Entstanden ist mit LÖSUNGEN ein Kaleidoskop unterschiedlichster Portraits von Frauen, die vor allem eines gemeinsam haben: Sie arbeiten in einem immer noch männerdominierten Feld als Ingenieurinnen. So unterschiedlich ihre einzelnen Geschichten sind, alle lassen mehr oder weniger versteckt zwischen den Zeilen durchblicken, dass sie als Frauen immer wieder gegen das Vorurteil ankämpfen mussten, technisch nicht begabt zu sein.

Doch das ist eigentlich Vergangenheit. Sie haben sich erfolgreich in einer Männerwelt durchgesetzt. So wie die Leiterin und wissenschaftliche Geschäftsführerin des Berliner Helmholtz-Zentrums HZB, die den ausgefallenen Doppelnamen Anke Rita Kaysser-Pyzalla trägt und sich stets auffällig kleidet. Die Frau, die in ihrer Freizeit am liebsten Rennrad fährt oder sich mit abstrakter Kunst beschäftigt, ist Chefin von über 1.000 Mitarbeitern und wurde 2011 zur TOP 25 gewählt – als eine der 25 einflussreichsten Ingenieurinnen Deutschlands. Sie hatte nie große Schwierigkeiten, sich in einer Männerwelt zu behaupten.

Das war für die durchsetzungsstarke 58-jährige Gisela Hazrat, technische Angestellte bei den Berliner Wasserbetrieben, anfänglich anders. Als Studentin des Bauingenieurwesens war sie in den 70ern eine von sechs Frauen unter 600 Männern. Sie bekam im Studium Kinder, setzte viele Jahre aus, studierte Verfahrenstechnik und fing erst spät an, in ihrem Beruf zu arbeiten und sagt von sich selbst: „Als 24-Jährige wäre ich der Situation (den Sprüchen der Männer) nicht gewachsen gewesen. Mit 38 war das schon was anderes.“ Hindernisse, die nicht überwunden werden können, gab es für Frau Hazrat allerdings nie. Mit fünf brachte sie sich das Lesen bei. Um Mathe, Physik und Chemie lernen zu dürfen, wechselte sie nach der 10. Klasse auf ein Jungengymnasium. Heute übernimmt sie bei der Renovierung ihres Hauses selbst das Regiment.

Einen Frauenanteil von einem Prozent hat heute natürlich keiner der ingenieurwissenschaftlichen Studiengänge mehr. Je nach Studiengang liegen die Zahlen zwischen 12 und 20 Prozent. Doch ganz anders sieht das im Berufsleben aus: Unter den deutschen Ingenieuren ist nur jede Zehnte eine Frau. Unter den Maschinen- und Elektroingenieuren sind es sogar nur fünf Prozent.

LÖSUNGEN zu finden, das begleitet viele der Ingenieurinnen bis in den Alltag. Durch die Einblicke, die sie uns damit gewähren, beginnen unsere Vorstellungen im Kopf zu wanken.

Text: Tina Naber (T.I.N.A. – Television Interactive Network Agency)